Flugkünstler im Garten

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Flugkünstler im Garten

di paula polak - ingenieurbüro für naturnahe landschaftsplanung
Veröffentlicht von paula polak in Tiere im Naturgarten · 1 September 2017
Tags: TiereimNaturgartenRoteListeInsektenFlugkünstler
Ein Tier, dass mir persönlich aufgrund seiner Schönheit besonders ans Herz gewachsen ist und das sich jeder ganz einfach durch das Anlegen eines (Schwimm-)Teichs in den Garten holen kann, ist die Libelle.
 
Libellen gehören zu den Fluginsekten und waren einst - vor rund 250 Millionen Jahren - mit einer Flügelspannweite von bis zu 75cm die wahrscheinlich größten jemals existierenden Insekten auf diesem Planeten. Die rund 85 heute noch in Europa existierenden Arten, die man allgemein in Klein- (siehe Titelfoto) und Großlibellen unterscheiden kann, beschränken sich auf Flügelspannweiten von 2 bis 11cm.

Warum sind Libellen eigentlich solche Flugkünstler?
Da sie ihre 4 Flügel unabhängig voneinander bewegen können, ist es ihnen möglich im Flug abrupt die Richtung zu wechseln, stehen zu bleiben und sogar rückwärts zu fliegen. Mit "nur" etwa 30 Flügelschlägen pro Sekunde erreichen sie dabei Geschwindigkeiten von bis zu 50km/h! Damit schlagen sie so schnell mit den Flügeln, dass selbst meine Spiegelreflexkamera sie nicht einfangen kann, obwohl der Frühe Schilfjäger, der am Foto unten zu sehen ist, noch nicht einmal fliegt, sondern nur flügelschlagend herum sitzt.



Hilfreich bei den Flügkünsten sind dabei natürlich auch ihre Facettenaugen, die aus ca. 30.000 Einzelaugen bestehen, sowie die drei mittig gelegenen Punktaugen, die dem Gleichgewichtssinn dienen. Damit sind sie die wahrscheinlich am besten sehenden Insekten überhaupt. Diese Augen in Kombination mit ihren Flugkünsten machen sie zu hervorragenden Jägern, die ihre Beute ausschließlich im Flug fangen. Dazu zählen vor allem diverseste Insekten, darunter auch Libellen - Kannibalismus ist unter ihnen keine Seltenheit. Ihr Jagdgebiet beschränkt sich jedoch nicht nur auf Gewässer, sondern erstreckt sich auch über Wiesen und Wälder. Oft genug sind sie jedoch auch Beutetiere. So zum Beispiel für zahlreiche Vögel, Fledermäuse und Frösche. Aber auch Ameisen und Wespen fallen Libellen immer wieder zum Opfer, nämlich dann, wenn sie besonders empfindlich sind: während dem Schlüpfen aus der Exuvie.

"Exuvie? Was ist das?"
...werden Sie jetzt vielleicht fragen. Dazu muss man etwas weiter ausholen. Es beginnt bei der Paarung, die Libellen - wie fast alles - zumeist im Flug erledigen. Aber manchmal brauchen eben auch Libellen mal eine kurze Flugpause während der Paarung, wie man zum Beispiel an diesen beiden Gemeinen Heidelibellen am Foto rechts erkennen kann. Diese "Stellung" nennt man bei Libellen auch Tandembildung. Viele Libellenarten vollführen während der Paarung jedoch das wesentlich berühmtere, herzförmige Paarungsrad.

Danach legt das Weibchen ihre Eier im Wasser ab, entweder an Wasserpflanzen (manche auch nur auf ganz bestimmten Pflanzen, wie zum Beispiel der Krebsschere), wie es im Bild rechts z.B. gerade eine Große Königslibelle tut; frei im Wasser; oder am Gewässergrund. Erstaunlich ist dabei, dass gewisse Libellenarten - wie zum Beispiel Prachtlibellen - dafür bis zu 90 Minuten unter Wasser verbringen!

Aus den Eiern schlüpfen schließlich die Libellenlarven (siehe Foto rechts). Sie sind gefürchtete Unterwasserjäger und ernähren sich je nach Art von Mückenlarven bis hin zu Kaulquappen. Was kaum einer weiß: den Großteil ihres Lebens verbringen Libellen in diesem Larvenstadium! Innerhalb von 2 bis 5 Jahren häuten sich die Tiere ungefähr 10 Mal, bevor sie - noch immer in Larvenform - an Pflanzenstängeln aus dem Wasser klettern. Dort klammern sie sich fest und heraus schlüpft eine junge Libelle.

Kurz nach dem Schlüpfen ist die Libelle jedoch noch extrem empfindlich. Ihr Chitinpanzer ist noch nicht ausgehärtet (siehe Foto rechts), die zerknautschten Flügel müssen noch aufgepumpt werden und an der warmen Sonne austrocknen, damit sie flugfähig wird. Bis dahin schwebt sie jedoch in akuter Lebensgefahr: Ameisen & Co nutzen ihre Verletzlichkeit in diesem Stadium gerne aus, und fallen über die wehrlose Junglibelle her, wenn sie die Chance dazu bekommen.
Ist die Libelle jedoch erst einmal ausgehärtet, ist alles was übrig bleibt die leere Hülle von ihrer Larvenzeit - die Exuvie. In dieser adulten Form leben Libellen dann meist nur 6 bis 8 Wochen lang, einige wenige Arten überwintern auch.

Wenn Libellen zu Besuch ins Haus kommen
...kann das ihr Todesurteil sein, denn meist finden sie nicht wieder dort hinaus, von wo aus sie hinein gelangt sind, sondern verzweifeln an einer geschlossenen Fensterscheibe, bis sie vor Erschöpfung oder Durst sterben.
Das muss aber nicht so sein! Entdeckt man die verirrte Libelle rechtzeitig, gibt es einen einfachen Trick, wie man sie fangen und draußen wieder auslassen kann, ohne sie dabei zu verletzen. Ein Glas drüber stülpen, wie bei anderen Insekten, funktioniert meist nicht - schon alleine deswegen nicht, weil viele von ihnen zu groß sind für ein einfaches Glas.
Stattdessen sollte man etwas warten, bis sie sich hingesetzt haben. Dann nähert man sich ihnen langsam und ruhig, und fasst vorsichtig mit Daumen und Zeigefinger von hinten unter die Flügel der Libelle. Dann drückt man sie nach oben zusammen, sodass man die Libelle an den Flügeln fassen kann.
Wichtig: Man muss dabei immer alle 4 Flügel auf einmal erwischen!
Für die Libelle ist das vollkommen ungefährlich! Die Flügel besitzen keinen empfindlichen Schmetterlingsstaub (= die Schuppen auf den Flügeln der Schmetterlinge) oder ähnliches. Da man außerdem mit den Fingern immer alle Flügel gleichzeitig umfasst (besonders wichtig!), kann sie sich auch nicht beim hektischen Herumflattern selbst die Flügel verletzen. Und da man den Körper der zarten Libellen während dieser Rettungsaktion nie berüht, kann man ihr auch so keine Verletzungen zufügen, oder ihr gar die Flügel brechen/ausreisen.
Diesen Griff beibehaltend trägt man die Libelle nun einfach nach draußen, und kaum lässt man sie los, wird sie auch schon davon sausen! Komplett safe! Vielleicht etwas Stress für's Tier, dafür lebensrettend.
Nur hinfassen trauen muss man sich ;)

Gefährdung & Schutz
Von den ca. 80 heimischen Libellenarten sind mehr als die Hälfte gefährdet, wie zum Beispiel die Spitzenfleck Libelle, die in Österreich als "stark gefährdet" gilt (siehe Foto rechts). Etwa 20% aller Libellenarten in Österreich sind sogar vom Aussterben bedroht. Dies liegt vor allem an der zunehmenden Verschmutzung und Austrocknung von passenden Gewässern in Kombination mit der langen Metamorphosezeit der Libelle. Schließlich benötigt es vom Zeitpunkt der Eiablage bis hin zur Geschlechtsreife des Nachwuchses über zwei Jahre - eine lange Zeit, in der viel schief gehen kann. Am besten helfen Sie Libellen also damit, indem Sie in Ihrem Garten einen Schwimmteich oder Biotop anlegen, und damit ein neues Ökosystem in Ihrem Garten erschaffen, das viel Lebensraum für zahlreiche Tiere bietet.
Wichtig dabei: gut bepflanzen, auf ausreichende Sumpfzonen achten, nie auslassen bzw. trocken legen.

Auch gut zu wissen: Libellen stechen nicht und sind nicht giftig, dafür gelten sie als Nützlinge, da sie sich Großteils von Mücken und anderen Insekten ernähren.

Und weil Libellen so hübsch sind, gibt's jetzt im Anschluss noch ein paar meiner liebsten Libellenfotos...


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